Bryan Ferry

1972 erscheint das titellose Debütalbum einer der einflussreichsten Bands der 70er Jahre: ROXY MUSIC.

Die Gründer der Band, Bryan Ferry und Brian Eno, sind gar keine Musiker, sondern bildende Künstler und präsentieren ein neues Konzept des Pop. Es sind Revolutionäre der Rockmusik. Sie zerstören zwei eherne Regeln des Rock ‘n‘ Roll. Sie gehen nicht den harten Weg von der elterlichen Garage bis zum Stadionfestival, sondern wollen mit einem Schlag und nach Plan berühmt werden. Gleichsam brechen sie mit dem Mythos, dass Rock authentisch, kritisch und wild gegen irgendwelche bürgerlichen Konventionen rebelliert.

An Duchamp geschult konstruiert Ferry den Rock als ein Concept-Art-Projekt. Als Bryan Ferry ROXY MUSIC gründet, ist er ironisch, unentschieden, reine Oberfläche, die Kopie einer Kopie, unpolitisch, distinguiert, konservativ, Stil und Etikette, kurz: all das, was ein Rockmusiker zu Beginn der 70er nicht sein durfte. Bryan Ferry will kein Hotelzimmer verwüsten, er will es neu einrichten.

30 Jahre später gibt es Bryan Ferry immer noch, sein Name, sein Konzept füllen aber weniger die Kulturseiten als die Klatschspalten der Boulevardpresse. Als 60-Jähriger übernimmt er seinen ersten Job als Model und zeigt seinen Landsleuten überlebensgroß elegante Marks&Spencer-Anzüge. Sein Engagement ist beendet, als er sich im Interview mit der Welt von Leni Riefenstahl und der Nazi-Performance begeistert zeigt. Jahre später versucht es ein Modelabel erneut und zeigt Ferry mit seinem jüngsten Sohn Tara.

Bryan Ferry hält es für sehr wichtig, Contenance zu bewahren, gerade in Extremsituationen. Ein Psychopath wollte das Flugzeug zum Absturz bringen, in dem zufälligerweise auch Bryan Ferry und sein Sohn Isaac saßen. Inmitten der großen Aufregung wies der Vater seinen Sohn zurecht, doch bitte nicht zu fluchen. Nach dem glücklichen Ausgang der Bedrohung nannte Bryan Ferry auf die Frage, was das Schlimmste gewesen sei, die ‚ekelhaft gestreiften Socken’ des Flugzeugentführers.

Bryan Ferry ist ein guter Vater, seine Söhne lieben ihn. Leidenschaftlich kämpfen sie für den Erhalt der ins Gerede gekommenen Jagd, vor allem für die in England so beliebten Fuchsjagd. Der ältere Sohn Otis wird verhaftet, als er das Haus des Premierministers mit Werbeplakaten für die Jagd verzieren wollte. Der jüngere Sohn Isaac muss die gute Ausbildung in Eton beenden, nachdem er aus Empörung über einen Jagdgegner eine Email schrieb: „You are a fucking looser [sic]. Why don’t you stop waisting [sic] your time and get a real job/hobby, you cocksucker?“ Der ehrenhafte Kampf für die Sache mit Stil hat leider einen Haken, den Bryan Ferry offenbar so bedeutend findet, dass er sich von seiner Familie distanzieren und von der Mutter der Kinder trennen muss. Solche Rechtschreibfehler sind nun mal unverzeihlich. Isaac findet es später dann auch nicht so schlimm, dass Papi ihm seine Freundin Amanda ausspannt und sogar heiratet.

Bryan Ferry besinnt sich und macht bald wieder das, was er am besten kann, edlen Pop, lässt im Frühjahr 2011 für einige Konzerte in England ROXY MUSIC wieder aufleben, schreibt neue Stücke und tourt mit einer jungen Band durch die Welt, mit seinem Sohn am Schlagzeug.

Bryan Ferry und Band am 1.8.2011 in Dortmund