James Last

Hans „James“ Last hat 1965 eine innovative Idee für die Langspielplatte: Sie soll funktionieren wie eine Single. Er streicht die zwei Sekunden Stille, die auf der LP die Tracks voneinander trennt. Non stop dancing nennt Last sein Konzept. Er transformiert Rockmusik in Unter­haltungsmusik und schaltet sie auf Dauer seines immer gleichen Big-Band-Sounds.

Der Erfolg gibt ihm Recht. Mit großem Abstand führt der Künstler, der Unterbrechungen abschafft, die Liste der meistverkauften Langspielplatten auch in diesem Jahr an. Seine beiden Veröffentlichungen Non stop dancing 1972 und Non stop dancing 1972/2 belegen die ersten beiden Plätze der Jahrescharts. JAMES LAST ist der Verkaufsschlager des Jahres.

Viele Konzerte der Welttournee sind ausverkauft, so etwa alle 13 Termine in Johannesburg mit jeweils 2500 begeisterten Fans. Die englische Presse spricht von wilden Stammestänzen der Non-Stop-Dancer. Auf den Philippinen füllt der Happy-Sound ein Stadion mit 20.000 Gästen. Als einer von sehr wenigen westlichen Künstlern wird JAMES LAST zu 20 Konzerten in die UdSSR eingeladen. Diese Gunst hast ihren Preis. Setlisten sind den Behörden einzureichen, die deutlich ihren Wunsch nach russischen Volksliedern in unverwechselbaren Last-Arrangements äußern. Staatliche Aufpasser kontrollieren einen geregelten Konzertablauf, verprügeln auch schon mal Fans vor der Bühne, die sich offensichtlich daneben benehmen. In Moskau schwappt die Stimmung über. Ohne Absprache intoniert die Band als ihre Zugabe Power to the People. Das geht den Vertretern der Volkspolizei zu weit. Kurzerhand schalten sie den Strom ab. Die euphorisierte Band spielt weiter – ohne Verstärkung. Die Behörden resignieren vor so viel Mut und völkischer Power.

Diese Story ist ein Exempel politischer Dialektik. JAMES LAST, Bandleader eines überangepassten, kleinbürgerlichen Spießertums, Referent einer alles weglächelnden Verdrängungskultur, Frontman aller unpolitischen Ja-Sager, kritikfreier, ironieresistenter Freund der Realität, dieser JAMES LAST wird vom real existierenden Sozialismus engagiert, um als Opium für das Volk zu funktionieren. Doch gerade der glattgekämmte Happy-Sound unterbricht für einen kurzen Moment die sozialistische Repression. Die politische Wirkung von Pop-Musik hat einen Namen: JAMES LAST.