New York Rock Ensemble

https://commons.wikimedia.org/wiki/File: Washington_Crossing_the_Delaware_ by_Emanuel_Leutze,_MMA-NYC,_1851.jpg

Der in die freie Welt ausgewanderte Maler Emanuel Leutze kehrt nach Deutschland zurück, um aktiv in den Freiheitskampf der 1848er Revolution einzugreifen. Er bringt eine Geschichte mit, die, tief in die Seele des Amerikaners eingebrannt, zum mythologischen Repertoire erfolgreichen Freiheitswillen gehört und auch die deutschen Revolutionäre inspirieren mag. George Washington überquert den vereisten Delaware, um in einer mutigen Schlacht erstmals das europäische Söldnerheer zu schlagen: ein nationales Erweckungsereignis. Dass der Künstler aus der Düsseldorfer Malerschule auf seinem berühmt gewordenen Gemälde Washington Crossing the Delaware eigentlich die Flusslandschaft am Niederrhein malt und es auch sonst mit der historischen Faktenlage nicht so genau nimmt, stört niemanden. Die Botschaft zählt. Der künstlerische Einsatz Leutzes hilft den 48ern wenig, wuchs als Geschenk an seine neue Heimat aber zur Ikone des us-amerikanischen Patriotismus‘ heran. Leutzes Bild erfreut sich bis heute großer Beliebtheit, jeder Amerikaner kennt es, zumindest als Aufdruck auf T-Shirts, Tassen, Schlüsselanhängern, Mousepads und Fußmatten. Ein solch präsentes Pathos schreit nach Parodie und Satire. Paul Davis erstellt eine Version, die der Chef-Designer von Columbia, John Berg, für ein Cover der Band NEW YORK ROCK ENSEMBLE nutzt. John Berg verfolgt ein Prinzip bei den über 5000 Schallplattenhüllen, die er für sein Label gestaltet. „I tell stories.“ Das macht er so erfolgreich, z.B. für BRUCE SPRINGSTEEN, CHICAGO, SIMON & GARFUNKEL, dass zahlreiche Cover den Rang von Kunstwerken erreichen und ihm vier Grammys einbringen.

Das Bild, mit dem John Berg das Cover ausstattet, ersetzt das Boot, das Washington zum anderen Ufer bringt, durch einen Hamburger. Der aufrechte Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung ruht auf dem Rücken eines BigMac. Der Hamburger gilt gleichfalls als Ikone amerikanischen Lebensgefühls, dient als Metapher für ein anderes Amerika, für das Schnelle, Oberflächliche, Ungesunde, für das Dicke und Geschmacklose, für Kapitalismus und Kulturimperialismus, kurz: für eine „kastrierte Freiheit“ (NECRONOMICON, Die Stadt). Zwischen der Fastfood-Teigmasse steckt eine böse Geschichte, die das Cover erzählt. Die Freiheit, für die Washington kämpft, entpuppt sich als Freiheit des Marktes. Ein Biss in die pappige Masse der verbotenen Frucht besiegelt den Sündenfall und hinterlässt einen bitteren Geschmack. Auch für die paradiesische Vision einer anderen deutschen Rockmusik gilt: Wenn der Traum von Freiheit zum Albtraum mutiert, heißt der Titel der entstellten Bilder: Freedomburger.

Bryan Ferrys Familie wohnte in dieser Straße (Model Dwellings) in Washington

Neben Washingtons Kampf für die Befreiung von Zwang und Fremdbestimmung gibt es auch den Kampf für die Befreiung von Washingtons Zwang und Fremdbestimmung. George Washingtons Herkunft liegt in Nord-England, in einem kleinen Ort südlich von Newcastle. Es ist zugleich der Geburtsort von Bryan Ferry. Die Trostlosigkeit ärmlicher Bergarbeitersiedlungen, in denen Ferry aufwächst, erklärt den unbedingten Willen, sich zu befreien und ein großer Rockstar zu werden. Ferry Crossing the Culture.